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1064UG/2013 - Festsetzung des Überschwemmungsgebietes für das System Xantener Altrhein / Schwarzer Graben

Tagesordnung und Anlagen

Beschlussvorschlag:


Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss lehnt die geplanten Überschwemmungsgebiete für das System Xantener Altrhein / Schwarzer Graben in der vorliegenden Form aufgrund unzureichender Verfahrensunterlagen ab. Einerseits kann das vorliegende Simulationsverfahren nicht nachvollzogen werden. Andererseits ist damit der Rückgriff auf private Grundstücke und landwirtschaftliche Betriebsflächen nicht gutzuheissen. Überdies wird auf anstehende Gewässerausbaumaßnahmen der LINEG verwiesen, die offenbar ohnehin eine Neubewertung der örtlichen wasserwirtschaftlichen Situation erforderlich machen. Schließlich wird auf das Verfahren zur 8. Änderung des Bebauungsplan Nr. 7 "Schul- und Sportzentrum" hingewiesen für das vorab eine einvernehmlich Lösung zu finden ist.

Sachverhalt:


Mit Schreiben vom 30.08.2013 (eingegangen am 02.09.2013) verfügt die Bezirksregierung Düsseldorf ohne explizite Vorabstimmung eine Offenlage zur Festsetzung von Überschwemmungsgebieten im Bereich des Systems Xantener Althrein / Schwarzer Graben nach § 112 (1) LWG NRW in Verbindung mit § 73 (2-5) VwVfG NRW. Die Auslegung der Unterlagen richtet sich dabei an die betroffenen Grundstückseigentümer und fand nach entsprechender Veröffentlichung im Amtsblatt der Gemeinde Alpen am 20.09.2013 in der Zeit vom 30.09. – 31.10.2013 statt. Die Unterlagen wurden mittlerweile von einigen Bürgerinnen und Bürgern eingesehen. In diesem Zusammenhang sind mehrere Stellungnahmen angekündigt worden, die sich dem Vernehmen nach mehrheitlich kritisch mit den geplanten Festsetzungen und einer offenbar fehlenden Realitätsnähe auseinander setzen werden. Die betreffende Eingabefrist endet mit dem 14.11.2013.
Darüber hinaus ist die Gemeinde Alpen mit Verfügung vom 12.09.2013 (eingegangen am 16.09.2013) als Träger öffentlicher Belange zur Stellungnahme gemäß § 73 (2) VwVfG NRW aufgefordert worden. Hier endet die Eingabefrist nach 3 Monaten ab Zugang der Verfügung (also am 16.01.2014).
Die vorliegenden Verfahrensunterlagen bestehen aus einem Kurzbericht, einer Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000 und 11 Detailkarten im Maßstab 1:5000. Überdies wurden der Gemeinde neben einigen Mustertexten der Entwurf einer entsprechenden Verordnung zur Verfügung gestellt. Die betreffenden Unterlagen sind komplett im Ratsinformationssystem einsehbar.
Im Rahmen des Erläuterungsberichtes wird nach einer allgemeinen Beschreibung des Einzugsgebietes und einer wasserwirtschaftlichen Funktionszuordnung auf die generelle Aufgabenstellung verwiesen, die auf einer berechneten und georeferenzierten Gefährdungsabschätzung bei einem simulierten 100-jährigen Hochwasserereignis durch Starkregenereignisse basiert. Als relevante Randbedingung wurde dabei eine fehlende Abflussmöglichkeit des Winnenthaler Kanals und des Schwarzen Grabens zum Rheinhauptdeich aufgrund eines zeitgleichen Hochwassers am Rhein unterstellt. Die Überschwemmungsgebiete sind dabei in Zusammenarbeit mit der LINEG unter Anwendung hydrologischer und hydraulischer Modelle theoretisch ermittelt und anhand vorhandener Messreihen kalibriert und überprüft worden.
In festgesetzten Überschwemmungsgebieten gelten nach § 78 WHG besondere Schutzvorschriften. So sind dort zur Vermeidung späterer Hochwasserschäden in der Regel die Ausweisungen neuer Baugebiete und die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen untersagt. Weiterhin ist es im Prinzip unzulässig, Grünland in Ackerland umzuwandeln oder Baum- und Strauchpflanzungen anzulegen, die den Zielen des vorsorgenden Hochwasserschutzes entgegenstehen.
Der daraus resultierende Rückgriff auf private Eigentumsflächen ist nicht ganz unbedeutend. Die Gemeinde Alpen wird in diesem Zusammenhang als Grundstückseigentümerin und Planungsträger betroffen. Der berührte kommunale Grundbesitz bezieht sich hier dabei auf die Ortslage Alpen:


















































































































Im Prinzip handelt es sich bei allen betroffenen Flächen um Niederungsbereiche entlang der örtlichen Vorfluter, die teilweise tatsächlich wasserwirtschaftliche Retentionsfunktion aufweisen; sie sind abschnittsweise deckungsgleich mit entsprechenden Grünflächendarstellungen des Flächennutzungsplanes und durch die verbindliche Bauleitplanung gesichert.
Darüber hinaus sind aber diverse private Außenbereichsgrundstücke betroffen.
Die Gemeinde Alpen steht den geplanten Festsetzungen kritisch gegenüber:
Zunächst ist das zugrundeliegende Simulationsmodell keiner Überprüfung zugänglich. Insoweit kann über die Realitätsnähe der Modellrechnungen und der daraus resultierenden Georeferenzierungen nur spekuliert werden. Die dargestellten Überflutungsszenarien stimmen aber zumindest an einigen Stellen nicht örtlichen Erfahrungswerten überein. Auch hält die Gemeinde die dem Simulationsmodell unterliegende Gleichzeitigkeit der Randbedingungen für wenig wahrscheinlich.
Betrachtet man die betroffenen Areale dabei nur unter dem Blickwinkel ihrer Relevanz für die räumliche Gemeindeentwicklung, könnte man diese Modellskepsis vor dem Hintergrund eines präventiv agierenden Hochwasserschutzes letztlich dahin gestellt bleiben lassen, da im Wesentlichen nur Außenbereichsflächen betroffen sind. Wahrscheinlich werden aber die betroffenen Grundstückseigentümer und landwirtschaftlichen Betrieb durchaus berechtigte Bedenken aufgrund der zu erwartenden Bewirtschaftungshemmnisse vortragen. Auch entstehen zumindest an einer Stelle deutliche Interessenkollisionen mit der kommunalen Bauleitplanung, für die eine Lösung zu finden ist:
Gemeint ist ein Areal im räumlichen Bereich der Haagstraße unmittelbar nach der Bifurkation der Alpschen Ley. Das betreffende Grundstück befindet sich im kommunalen Eigentum und ist einerseits durch den rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 7 "Schul- und Sportzentrum" erfasst, der dort im hinteren Bereich einen allerdings noch nicht realisierten Spielplatz vorsieht. Andererseits stellt der aktuelle Flächennutzungsplan straßenseitig eine Wohnbaufläche dar.
Die Gemeinde möchte die Fläche im Zuge einer 8. Änderung des betreffenden Bebauungsplanes neu gestalten. Beabsichtigt ist die Errichtung eines zweckgebundenen Parkplatzes für die öffentliche Verwaltung. Die Planungen werden von einer entsprechenden Änderung des Flächennutzungsplanes begleitet, dessen Offenlage momentan ansteht. Sie ist Folge einer für die Gesamtentwicklung der Gemeinde wichtigen Errichtung eines Ärztehauses im räumlichen Bereich des Bebauungsplanes Nr. 28 "Rathausplatz", die zurzeit mit der LINEG im Zuge der projektierten Öffnung der Alpschen Ley abgestimmt wird.
Zur Verdeutlichung ist der örtlich geplante Überschwemmungsbereich (blau) unterlegt dargestellt. Die Planungen berücksichtigen dabei bereits eine Mindestabstandsfläche zur Alpschen Ley von 5,00 m und immissionsschutzrechtliche Aspekte. Der Vorschlag der Verwaltung ist, den notwendigen Retentionsraum innerhalb des Bebauungsplangebietes (in der (rot) schraffierte Fläche) im Rahmen einer geeigneten wasserbaulichen Maßnahme flächengleich zu kompensieren.























































































































































































































Dieser Entwurf wurde am 25.09.2013 mit der LINEG erörtert und der Bezirksregierung zur Vorprüfung und Stellungnahme vorgelegt.
Herr Dr. Kühn hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass er die teilweise Überplanung des Niederungsbereiches im Bereich der Haagstraße mit einem Parkplatz aus landschaftsökologischen Gründen bedauere. Gleichwohl stimme er mit der Gemeinde Alpen darin überein, dass die vorgetragenen städtebaulichen Entwicklungsziele eine Abwägung zugunsten der kommunalen Planung in der vorliegenden Form letztlich rechtfertigen. Er teilt hier auch die Auffassung der Verwaltung, dass der betreffende Parkraum möglichst hochwasserfrei anzulegen sei. Hierdurch werde der geplante Überflutungsbereich nach überschlägiger Prüfung nur zu wenigen 100 cbm betroffen. Der wasserwirtschaftliche Eingriff bedürfe allerdings einer entsprechenden Kompensation. Die LINEG sei daher mit dem Vorschlag einverstanden, im Zuge der Anlage einer Sickermulde für das örtlich anfallende Niederschlagswasser einen mindestens flächengleichen Retentionsraum im Bereich der Bifurkation zu schaffen. In diesem Zusammenhang verweist Herr Dr. Kühn ergänzend auf umfangreichere Gewässerausbaumaßnahmen der LINEG im Bereich des Alpener Ortskerns, durch die in nicht unbeträchtlichem Umfang weiterer Rückhalteraum geschaffen werde. Die betreffenden Maßnahmen, die einvernehmlich mit der Gemeinde umgesetzt werden sollen, würden insofern möglicherweise auch eine quantitative und qualitative Neubewertung der vorliegenden (eher bestandsorientierten) Vorschläge zur Festsetzung der Überschwemmungsgebiete notwendig machen.
Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage sieht die Bezirksregierung Düsseldorf mit Email vom 26.09.2013 einerseits eine bestehende Darstellungspflicht; andererseits wurde jedoch eine Gesprächsbereitschaft über eine einvernehmliche Lösung signalisiert. Hierzu soll am 14.11.2013 ein Behördentermin stattfinden.

Beratungsweg

Hier können Sie den Beratungsweg und die Beschlussfassungen zur Vorlage verfolgen

Bau-, Planungs- und Umweltausschuss, 12.11.2013

Beschluss:

Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss lehnt die Ausweisung der geplanten Überschwemmungsgebiete für das System Xantener Altrhein / Schwarzer Graben in der vorliegenden Form aufgrund unzureichender Verfahrensunterlagen ab. Einerseits kann das vorliegende Simulationsverfahren nicht nachvollzogen werden. Andererseits ist damit der Rückgriff auf private Grundstücke und landwirtschaftliche Betriebsflächen nicht gutzuheißen. Überdies wird auf anstehende Gewässerausbaumaßnahmen der LINEG verwiesen, die offenbar ohnehin eine Neubewertung der örtlichen wasserwirtschaftlichen Situation erforderlich machen.
Abstimmergebnis:
14 Ja-Stimmen, 2 Stimmenthaltung